Geothermie

Tiefe Geothermie – oberflächennahe Geothermie

Neuer Buchbeitrag  Handbuch oberflächennahe Geothermie

Ernstson, K. (2018): Geologische und geophysikalische Untersuchungen. In: Handbuch oberflächennahe  Geothermie. – Springer Spektrum,  Springer-Verlag Berlin Heidelberg, Buchbeitrag Ernstson Geologie und Geophysik2018, Ed.: M. Bauer, W. Freeden, H. Jacobi, T. Neu, S. 67-220.

Zusammenfassung.

Leitlinie dieser Ausführungen ist die Auffassung, dass die Oberflächennahe Geothermie und ihre Nutzung ganz primär im geologischen Rahmen des Untergrundes mit seinen lithofaziellen und strukturellen Eigenheiten sowie seinen hydrogeologischen und hydraulischen Parametern angesiedelt ist, was als ein gewisses und notwendiges Gegengewicht zur bisher stark dominierenden Sichtweise des Bauingenieurwesens zu verstehen ist. Diesen geologischen Untergrund mit seinem bekanntermaßen viel- fach sehr komplexen Aufbau und mit nicht selten unvorhergesehenen Überraschungen zu erkunden und zu beschreiben und die Ergebnisse den planenden und ausführenden Beteiligten an die Hand zu geben, ist die Aufgabe, der sich die Ausführungen annehmen werden. Dabei wird die enge Verknüpfung von Geologie und Geophysik besonders herausgestellt und gleichzeitig für ein besseres Verständnis für das jeweils andere Fachgebiet, aber auch für eine zunehmende Öffnung des Ingenieurwesens insbesondere für die überzeugenden Möglichkeiten der Geophysik geworben. Deshalb wird auch auf die Darstellung der theoretischen Grundlagen und Details der Auswertung für z. B. Hydraulik oder geophysikalische Messverfahren nahezu völlig verzichtet und stattdessen einiges über geologische, hydrogeologische und geothermische Karten, übers geologische Kartieren sowie die Möglichkeiten des bisher ziemlich ignorier- ten digitalen Geländemodells geschrieben. Ein wichtiges Anliegen ist es zu zeigen, dass Geophysik auch ohne Formeln und Gleichungen auskommen kann, aber trotzdem mit der Darstellung von Messvorgängen, Auswertung und geologischer Interpretation ihre ungeheuer vielfältigen Möglichkeiten offenbart. Geologie und Geophysik und ihr zwingend notwendiges Zusammenwirken werden insbesondere bemüht, wenn es um die Erkundung von Aquiferen mit den hydraulisch wichtigen Parametern und die für die Oberflächennahe Geothermie wichtige Bewegung des Grundwassers sowie um das „Vorhersehen“ möglicher geologischer Risiken geht. Geologie und Geophysik in diesem Rahmen der Oberflächennahen Geothermie ist stets auch als Dienstleistung zu sehen, worauf eingegangen wird und wobei auch kritische Betrachtungen nicht ausgespart bleiben.

Artikel zur geothermischen Exploration

Ernstson, Kord & Alt, Wolfgang (2013): Gravity and geomagnetic methods in geothermal exploration: understanding and misunderstanding. – World of Mining – Surface and Underground 04/2013; Vol. 65(No. 2):115-122.

Buchbeitrag  Handbuch Tiefe Geothermie

Kord Ernstson: Geologische und geophysikalische Untersuchungen. – Kapitel 2, S. 19-80. zur Geothermie: Handbuch Tiefe Geothermie. –  Edition: Springer Spektrum, Publisher: Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 2014, Editor: M. Bauer, W. Freeden, H. Jacobi, T. Neu, ISBN: ISBN 978-3-642-54510-8 ISBN 978-3-642-54511-5 (eBook).   –

Buchbeitrag Ernstson Geologie und Geophysik

Zusammenfassung. – Bei Projekten der tiefen Geothermie und in Erschließungskonzepten für zugeteilte Erlaubnisfelder spielen geologische und geophysikalische Untersuchungen eine wesentliche Rolle. Ausgehend vom Konzept der geothermischen Energie als Lagerstätte, die mit Tiefbohrungen im Rahmen einer hydrothermalen oder petrothermalen (EGS, hot dry rock) Geothermie zu erschließen ist, werden die wichtigsten geologischen und geophysikalischen Grundlagen mit vielfachem Bezug zu analogen Szenarien in der Kohlenwasserstoff-Exploration zusammengestellt. Die Situation in Deutschland steht dabei im Fokus. Die Erörterung betrifft lithofazielle und strukturelle Gegebenheiten und betont die Bedeutung der Untersuchung nicht nur des Reservoirs selbst sondern auch der hangenden Schichten entlang der geplanten Bohrpfade einschließlich möglicher oberflächennaher kritischer geologischer und anthropogener Konstellationen im Bereich der Bohransatzpunkte. Einer knappen Erläuterung der wichtigsten geophysikalischen Verfahren aus Seismik, Gravimetrie, Geomagnetik und Geoelektrik sowie der für die geothermalen Reservoirs wichtigsten petrophysikalischen Parameter folgen Hinweise, wie bereits existierende geophysikalische Daten für eine Projektstudie genutzt werden können. Bei der Diskussion von Neuerkundungen für ein Erlaubnisfeld werden mit starkem Blick auf internationale Verhältnisse die Verfahren der Refraktionsseismik, Gravimetrie, Geomagnetik und Geoelektrik als unerlässliche Ergänzungen der in Deutschland dominierenden Reflexionsseismik gegenübergestellt und die Vorzüge insbesondere der Gravimetrie und der Tiefengeoelektrik in Form der Magnetotellurik betont. Die Einbeziehung der standortspezifischen Geologie und Geophysik für Lösungsansätze bei der Unterscheidung verschiedener Arten der Seismizität, sowie die Verknüpfung von Messungen in Bohrungen mit Messungen der Oberflächengeophysik als Folgemöglichkeit einer bereits niedergebrachten Bohrung, z.B. in einer Geothermie-Dublette, sollten bereits in einer Projektstudie bedacht werden. Der Beitrag ist ein Plädoyer für eine größere, vielfach vermisste Harmonie zwischen Geologie und Geophysik, was der Exploration der tiefen Geothermie nutzen würde.

Geophysik für Ihre Anwendungen: Einige Beispiele aus dem Bereich Geothermie – Tiefengeothermie (tiefe Geothermie)

Geothermie wird heute allgemein in eine oberflächennahe Geothermie und eine tiefe Geothermie unterteilt. Oberflächennahe Geothermie betrifft Heizen und Kühlen mit Energie aus dem Untergrund bis in Tiefen von einigen hundert Metern (etwas willkürlich meist bis 400 m). Geologie und Hydrogeologie gehören zu den bestimmenden Faktoren, und im selben Maße ist die Geophysik betroffen, die der Geologie und Hydrogeologie hilft, in den Untergrund zu schauen als Voraussetzung für einen ökonomisch und ökologisch gesicherten Anlagenbau.

Gravimeter bei der Erkundung der tiefen Geothermie

Tiefengeothermie erschließt im allgemeinen wesentlich größere Tiefen und dementsprechend Bereiche, in denen Temperaturen bis zu 100°C und weit darüber angetroffen werden. Hydrothermale Geothermie nutzt dabei mit einer Tiefbohrung geförderte heiße Wässer, die in ein Fernwärmenetz eingespeist und nach Wärmeentzug und Auskühlung über eine Schluckbohrung wieder in den Untergrund verbracht werden. Nutzung geothermischer Energie (z.B. mit dem Hot-Dry-Rock-Verfahren) zur Stromerzeugung geht vielfach noch weiter in die Tiefe, weil sich erst bei den dort herrschenden hohen Temperaturen ein wirtschaftlicher Gewinn erzielen lässt. Erschließungstiefen von einigen tausend Metern sind dabei die Regel, und da entsprechend tiefe Bohrungen sehr gezielt auf geeignete geologische Strukturen abgeteuft werden müssen, ist eine aufwändige geophysikalische Untersuchung Grundvoraussetzung. Tiefengeothermie bedeutet deshalb Tiefenseismik mit sehr kostenintensiven reflexionsseismischen 2D- oder 3D-Messungen.

Solche seismischen Messungen sind Spezialfirmen vorbehalten, von denen es in Deutschland wohl nur zwei gibt. Wir gehören nicht dazu, aber wir haben uns in diesem Bereich auch spezialisiert, indem wir kostengünstige geophysikalische Voruntersuchungen für die Tiefenseismik anbieten und durchführen. Wir setzen dazu die Gravimetrie ein, die unverständlicherweise immer noch sehr stiefmütterlich behandelt wird, obgleich mit Hilfe ihrer Vorerkundung sowohl 2D- und 3D-Seismik wesentlich effektiver gestaltet werden können. Stattdessen gibt es Planungsbüros für die Geothermie, die dem Auftraggeber eine vorherige 2D-Seismik mit nachfolgender 3D-Seismik empfehlen – eine offensichtlich völlig unsinnige Maßnahme. Insbesondere wenn nur die kostengünstigere 2D-Seismik erwogen wird, gibt die Gravimetrie mit einer flächigen Vermessungen ganz wesentliche Informationen für den Raum und die Strukturen zwischen den Profilen der 2D-Seismik (Streichrichtung von Störungen, mit der Seismik nicht erkannte profilparallele Verwerfungen etc.). Aber auch die 3D-Seismik profitiert von einer vorherigen Gravimetrie, wenn der generelle tektonische Bau des geologischen Untergrundes in seinen Grundzügen bekannt wird und das seismische Messnetz entsprechend sinnvoll ausgelegt werden kann. Die vielfach vorgebrachte Behauptung, die Gravimetrie löst keine Strukturen in den großen Tiefen der Tiefengeothermie auf, verkennt den völlig anderen Ansatzpunkt dieses Potentialverfahrens, das nicht die Seismik ersetzen sondern sie nur sinnvoll vorbereiten und ergänzen soll.

Tiefe Geothermie Oberrheintalgraben

Gravimetrie Rheintalgraben tiefe Geothermie

Gravimetrie als geophysikalische Vorerkundung zur Tiefenseismik: Tiefengeothermie im Oberrheintalgraben. Das Bild zeigt in einer Pseudo-3D-Darstellung eine Schwerefläche, die primär den Kontrast der tertiären Grabenfüllung mit relativ geringer Dichte zum Kristallingestein mit hoher Dichte widerspiegelt. Man erkennt den großen Sprung an der Süd-Nord verlaufenden inneren Grabenrandverwerfung, die plötzlich mit einem scharfen Knick in eine ost-westliche Streichrichtung umbiegt, ferner eine Fülle weniger ausgeprägter tektonischer Strukturen.

Tiefe Geothermie (hydrothermale Geothermie) alpine Molasse

tiefe Geothermie Oberrheintalgraben gravimetrie und Tektonik

Gravimetrie als Vorerkundung zur Tiefenseismik. Interpretiertes tektonisches Bruchmuster mit den vorherrschenden Streichrichtungen.

Tiefengeothermie und Magnetfeldmessungen

In manchen Fällen der geophysikalischen Vorerkundung kann es sinnvoll, um nicht zu sagen zwingend sein, zusätzlich zur Gravimetrie Messungen der Magnetik durchzuführen. Das ist verständlicherweise in allen Vulkangebieten der Fall, wo die magnetischen Basaltgesteine maßgeblich den geologischen Untergrund bestimmen. Aber auch eher isolierte Basaltkörper können für die Interpretation einer Tiefenseismik und insbesondere für den Ansatz von Tiefbohrungen wichtig werden.

Geomagnetik tiefe Geothermie Oberrheintalgraben Vulkanite

Im Zuge der Vorerkundung für eine Tiefenseismik: Karte magnetischer Anomalien im Oberrheintalgraben. Die deutlich positiven Anomalien (gelb – rot) zeigen einen Komplex vulkanischer Gesteine an, die nicht an der Erdoberfläche anstehen sondern in den tertiären Gesteinen der Grabenfüllung stecken. Eine Tiefbohrung von einigen tausend Metern sollte man tunlichst nicht über einem solchen Vulkanit abteufen.